Aus der Chronik des Ortsvereins Seligenstadt
 
  KOMMUNALPOLITISCHE VERÄNDERUNGEN

In der Periode bis 1956 wurde der Grundstein für die zukünftige Stadterweiterung gelegt. Zuvor fanden aber noch die Wahlen zum 2. Deutschen Bundestag am 6. September 1953 und zum 3. Landtag am 28. November 1954 statt. Seligenstadt schnitt folgendermaßen dabei ab:

Bundestag

SPD 1 670 Stimmen 33,0%
CDU 2 743 Stimmen 54,1%
FDP 291 Stimmen 5,7%
KPD 106 Stimmen 2,1%
Sonstige 258 Stimmen 5,1%


Landtag

SPD 1 963 Stimmen 39,1%
CDU 2 324 Stimmen 46,3%
FDP 291 Stimmen 5,8%
KPD 121 Stimmen 2,4%
Sonstige 322 Stimmen 6,4%


Wie oben schon erwähnt, begann nun eine fruchtbare und Erfolg versprechende Zeit für das kommende Stadtbild. Eine ausgebaute und weitreichende Kanalisation war notwendig, um aus der Land- eine Industriegemeinde Seligenstadt zu schaffen. Sämtliche Kanäle der Altstadt waren zu klein, mussten erneuert oder erweitert werden. Auch nahm die bäuerliche Bevölkerung ab und die Neubürger gliederten sich nun langsam in das Industrie- und Wirtschaftsgefüge der Stadt ein. In dieser Phase des Wieder- und Neuaufbaues waren ungeheuere Mittel nötig, aber auch die Daseinsvorsorge sah gewaltige Investitionen vor. Parallel zur Erschließung von Industriegebieten musste folglich auch der Straßenbau forciert werden. So standen in erster Linie vor der SPD immense Probleme, die gelöst werden mussten und es schließlich auch wurden.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass am 29. April 1952 der tolerante und offene Partner im Wiederaufbau der Stadt, der CDU-Bürgermeister vergangener Jahre, Karl Nover, verstarb.

In dieser Periode (1952-1956) wurde noch ein weiterer entscheidender Beschluß gefaßt: die Trägerschaft des Einhard-Gymnasiums wurde dem Kreis Offenbach übertragen. Das war nach dem damaligen Schulverwaltungsgesetz möglich. Die besondere Konstruktion dieser Schule (Mitsprache des Bistums Mainz) ließ für die CDU nicht zu, diesem Beschluß über die zukünftige Trägerschaftsfrage zuzustimmen. Die Einsicht aber, dass Seligenstadt unmöglich in der Lage gewesen wäre eine neue Schule zu bauen, veranlaßte sie zur Stimmenenthaltung. Der Beschluß wurde also nur mit den 9 Stimmen der SPD-Fraktion gefaßt und die Trägerschaft für das Gymnasium damit dem Kreis Offenbach übertragen.

Am 19. Januar 1955 wird Georg August Zinn wieder zum hessischen Ministerpräsidenten gewählt. Der SPD/BHE-Koalition gehören seitens der SPD unter anderem an:
Arno Hennig für Erziehung und Volksbildung und wiederum
Heinrich Troeger für die Finanzen.

Zehn Jahre nach Kriegsende hat die SPD 589 051, darunter 114 829 weibliche, Mitglieder in 7 096 Ortsvereinen der Bundesrepublik und 167 des Saargebietes.

Am 28. Oktober 1956 fanden die Gemeinderats- und die 4. Kreistagswahlen statt. Alle Parteien schlossen sich zu einer Einheitsliste zusammen, um die Mehrheit der Sozialdemokraten zu brechen. Leider wurde dieser Wahlkampf auch in die privat-persönliche Sphäre einiger Funktionsträger der SPD getragen. Es nutzte dem politischen Gegner aber sehr wenig, denn die SPD errang nicht nur wieder 9 Sitze, sondern wurde auch stärkste Partei. Sie hatte mehr Stimmen als alle anderen Parteien zusammen und es fehlten ihr nur 41, um einen zehnten Kandidaten in das Seligenstädter Parlament zu bringen. Die Bevölkerung honorierte also ihre Arbeit und ließ sich vom unsauberen Wahlkampf der Christdemokraten nicht beeinflussen. Das Ergebnis lautet wie folgt:

SPD 2 669 Stimmen 52,4%
CDU 2 428 Stimmen 47,6%


Die Wahlbeteiligung lag bei 89,2%, das sind 6 070 Wahlberechtigte. Auch bei der Kreistagswahl siegte die SPD mit 47,4% gegenüber 44,7% der CDU, die FDP errang 3,6%. 219 Wähler, das sind 4,3%, gaben kleineren Parteien ihre Stimme in Seligenstadt.

Die Zahl der Mitglieder in der SPD hatte sich inzwischen auf rund 90 erhöht.

Am 23. November 1956 konstituierte sich die neue Stadtverordnetenversammlung. Für die SPD waren dies:

Christian Böres
Johann Eckert
Gerhard Flämig (er wurde einstimmig zum Stadtverordnetenvorsteher gewählt)

Peter Heindel
Martin Kemmerer
Rudolf Mader (er war 1953 im März für Erich Hödt nachgerückt und sehr aktiv im BvD)

Leo Natale
Fritz Rausch
Karl-Heinz Spitznagel

In dieser Zeit verstärkt die SPD ihre Bemühungen, Bauerwartungsland in die Stadt zu integrieren und Baulandumlegungen durchzuführen. Diese Aktivitäten waren allerdings schon in der vergangenen Legislaturperiode begonnen worden und sollten sich nun vervollständigen. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch das Bauqebiet zwischen Gisela- und Einhardstraße, Jahn- und Querstraße, erschlossen. Somit veränderte die Stadt ihr Gesamtbild enorm. Auch die Matthias-Grünewald-Schule wurde fertiggestellt, deren Grundsteinlegung 1953 vollzogen worden war.

Einen großartigen Erfolg verbuchte die SPD am 25. Mai 1957: Fritz Beike wurde erneut für weitere sechs Jahre zum Bürgermeister der Stadt gewählt. Seine Amtsperiode wäre am 31. August abgelaufen.

Am 1. Juni 1957, nach der 8. Sitzung in dieser Legislaturperiode, trat der gesamte Magistrat zurück. Ursache war eine interfraktionelle Abmachung im Hinblick auf die vollzogene Bürgermeisterwahl vom 25. Mai. Folglich trat auch Gerhard Flämig als Stadtverordnetenvorsteher zurück. Sein Nachfolger wurde nun Willi Brehm (CDU), dessen Stellvertreter Karl-Heinz Spitznagel (SPD). In den neuen Magistrat zogen Fritz Sommer und Willi Krispien für die Sozialdemokraten ein, die diese Funktion auch schon in letzter Zeit inne hatten. Gerhard Flämig ging nach Groß-Auheim und wurde dort zum Bürgermeister gewählt.

Im Juli 1957 wurde Christian Böres Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses anstelle von Gerhard Flämig. Böres erfüllte diese Aufgabe bis 1977.

Unter SPD-Regie hat die Stadt schon im Februar dieses Jahres dem Kreis Offenbach ein Grundstück für die neu zu errichtende Einhard-Schule übereignet. Ferner wurde die Bahnhofstraße umgestaltet und das Haus Friedmann als Erweiterungsbau für das Rathaus angekauft. Der Klostergarten wurde neu angelegt und der Bau der Kläranlage beschlossen. Der Beschluß über den Ankauf von mehr Bauerwartungsland war allerdings folgenschwer: das gesamte, in städtischem Besitz befindliche, Gelände wurde in die Bauland-Umlegung eingebracht. Dadurch konnte für die Dauer der Umlegung über keinen einzigen Bauplatz mehr verfügt werden.