„Bauen in Seligenstadt“ – erfolgreiche Veranstaltung der Seligenstädter SPD

Die einen wollen ihr Haus erweitern oder ein weiteres Gebäude in den Garten stellen, die anderen ihr Grundstück verkaufen und lassen damit zu, dass ein größeres Gebäude errichtet wird; BesitzerInnen von Feld- und Wiesengrundstücken möchten, dass diese Bauland werden; die Seligenstädter Altstadt ist den meisten Menschen in Seligenstadt ein kostbares Kleinod, daneben ein Anziehungspunkt für den Tourismus, das erhalten werden muss – und viele Menschen, ob jung oder alt, ob allein lebend oder im Familienverband, suchen in Seligenstadt eine Wohnung oder ein Haus. Von der Stadtplanung, mit den nötigen politischen Vorgaben ausgestattet, wird erwartet, alle Interessen unter einen Hut zu kriegen.

SAMSUNG CAMERA PICTURESVon links nach rechts: Bürgermeister-Kandidat Jörg Krieger,
Stadtplaner Dr. Marcus Gwechenberger, Bürgermeister i.R. Rolf Wenzel

 

Die Seligenstädter SPD hatte eingeladen, den sich widersprechenden Interessen auf den Grund zu gehen und sich aus berufenem Mund erklären zu lassen, was Stadtplanung vor dem Hintergrund der Gesetze und Vereinbarungen „darf“ und wo ihr Grenzen gesetzt sind.

Der Stadtplaner Dr. Marcus Gwechenberger, der allein sieben Jahre berufliche Praxis im Büro „Albert Speer und Partner“ erworben hat und u.a. als Dozent für Stadtplanung an der FH Frankfurt tätig ist, erläuterte in seinem Vortrag die Planungsebenen von Bund (Baugesetzbuch, Bundesraumordnungsgesetz) über die Länder (Landes- und Regionalplanung) bis zur kommunalen Ebene mit der „Städtebaulichen Rahmenplanung“, dem Flächennutzungsplan und den Bebauungsplänen. Eine städtebauliche Rahmenplanung wurde von der Seligenstädter SPD-Fraktion, insbesondere dem verstorbenen Stadtverordneten Dieter Burkard, gefordert und liegt inzwischen vor. Auch wenn ein solcher Städtebaulicher Rahmenplan keinen bindenden Charakter hat, so stellt er doch ein wirkungsvolles Instrument dar, das bei jeder Genehmigung einer Bauanfrage zu beachten ist, genauso wie Baugesetzbuch, Bebaungspläne und Satzungen.

Gwechenberger stellte anhand des Flächennutzungplans die Situation in Seligenstadt dar: Es gibt nur noch ein Wohnbaugebiet, das noch entwickelt werden kann, und das schließt südlich an den Westring an. Die SPD-Fraktion hat in der Stadtverordnetenversammlung einen entsprechenden Antrag gestellt, für dieses Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen. Darüber hinaus gibt es keine Flächen mehr, die für Wohnzwecke genutzt werden könnten.

Andererseits machen die Bevölkerungsentwicklung im Rhein-Main-Gebiet, der Zuzug nach Seligenstadt – zwischen 2012 und 2030 wird ein Bevölkerungswachstum von 5 %-Punkten prognostiziert – und der steigende Bedarf an Wohnfläche pro Person deutlich, dass mehr Wohnungen und Häuser gebraucht werden. Die Lösung ist eine verstärkte Innenentwicklung: Schließen von Baulücken, Nachverdichtung und Arrondierung an den Rändern der Wohnbebauung. Doch gerade an der Verdichtung nehmen viele Menschen Anstoß, weil mitunter ein großes Bauwerk zwischen gediegenen Ein- und Zwei-Familienhäusern steht, das u.U. die kleineren Häuser verschattet. Der Charakter eines Wohngebietes gehe durch solche „Bausünden“ verloren, wurde in der Diskussion moniert und man frage sich, wie diese Bebauung genehmigt werden konnte.

In der Stadtplanung spricht man heute von „Integrierter Stadtentwicklung“ als Lösung der widerstreitenden Interessen, so Gwechenberger weiter. Ein Konzept „Integrierter Stadtentwicklung“ umfasst alle Disziplinen von der Bevölkerungsentwicklung über Wohnen, Wirtschaft und Beschäftigung, Freiraum und Umwelt, Soziales, Kultur, Bildung und Sport bis hin zu Verkehr, technischer Infrastruktur und Denkmalpflege. Bei der heute verstärkten Innenentwicklung müssten städtebauliche Zielvorstellungen für Teilgebiete der Stadt unter Beteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen definiert sowie Bebauungspläne und Satzungen aufgestellt werden.

Unter den ca. 40 Anwesenden der Veranstaltung waren Investoren, Bauunternehmer, ein Landwirt und Wohnbevölkerung vertreten, die in eine lebhafte Diskussion eintraten, geleitet von Bürgermeister i.R. Rolf Wenzel. Moniert wurde von Anwesenden, dass es kein Leerstandskataster gibt; manche Eigentümer würden ihre Häuser leerstehen lassen, statt sie zu vermieten. Deutlich wurde auch ein großes Misstrauen gegenüber den Baugenehmigungsbehörden auf städtischer Seite und auf Kreisebene. So sei in einem Wohngebiet die Planung eines Gebäudes mit 1,5 Stellplätzen/Wohnung genehmigt worden, anschließend seien diese aber nicht gebaut worden, mit der Folge, dass das Wohngebiet zugeparkt wird. Auch gelte es, die 1,5 Stellplätze/Wohnung zu überdenken. Erwachsene Kinder im Haushalt verfügten heute meist über ein Auto. Der anwesende Landwirt begrüßte, dass der Landwirtschaft nicht weitere Flächen entzogen werden sollen. Die Betriebe hätten es mit den vorhandenen Flächen schon schwer, sich zu behaupten.

Die hohen Bauland- und Mietpreise wurden mehrfach beklagt. Junge Seligenstädter würden in Nachbarkommunen ziehen, weil ihnen Seligenstadt zu teuer ist. Im Gegensatz dazu verkaufen Investoren „vom Plan weg“ ihre Wohnungen, ehe überhaupt der Bagger angerückt ist, gleich, was sie kosten. Die Mietpreise liegen bei Neubauten inzwischen über 10,00 €/m² Wohnfläche.

„Hier ist die Politik gefragt“, betonten Wenzel und der SPD-Vorsitzende und Bürgermeisterkandidat Jörg Krieger unisono. „Wie in anderen Städten muss auch in Seligenstadt für Neubauwohnungen ein Prozentsatz von z.B. 30 % für Sozialen Wohnungsbau festgelegt werden, damit junge Familien, aber auch Rentnerinnen und Rentner mit niedrigem Einkommen eine Chance haben, in Seligenstadt zu bleiben.“ Mit diesem Ziel habe die SPD-Fraktion bereits einen Antrag bei der Stadtverordnetenversammlung ins Verfahren gebracht, führte die Fraktionsvorsitzender der SPD Heide Wolf aus.

Abschließend betonte Jörg Krieger, dass er aus der Diskussion sehr viel mitnimmt. „Es ist Sache der kommunalen Politik, die Vielfalt der Meinungen und widersprüchlichen Interessen in einer Stadt zu
moderieren und zu einem guten Ergebnis zu führen – vor dem Hintergrund der Gesetze, an die eine Stadt gebunden ist und die sie sich mit Rahmenplanungen, Bebauungsplänen und Satzungen selbst gegeben hat.“