„Mehr für ambulante Versorgung ! “
Die Arbeitsgemeinschaft 60plus des Kreises Offenbach setzt ihr Bestreben fort, die ärztliche Versorgung zu verbessern und Wartezeiten zu verringern.
Im Juli hatten Ärzte und Fachärzte der Region von ihren Problemen berichtet.
Am 20.August war nun der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Frank Dastych, der Einladung in den gut gefüllten „Roten Salon“ der SPD in der Dietzenbacher Lehrstraße gefolgt.
Dastych ist selber Facharzt und auch im fachärztlichen Vorstand der KV.
Es gebe zunehmend Probleme mit der fachärztlichen Versorgung, sagte er schon in den ersten Minuten der Anhörung. Die KV Hessen setzte die Bedarfsplanung um, die in Berlin beschlossen werde.
Hessen sei nicht eine Großstadt wie Berlin, sondern heterogen. Dem Landesausschuss für Hessen obliege es, die Bedarfsplanung den unterschiedlichen Strukturen des Landes anzupassen. So sei zum Beispiel Frankfurt am Main eine Großstadt, in die viele Menschen nur an Arbeitstagen einpendeln. Einen Arzt möchten sie aber oft am Wohnort. Solche Faktoren erschweren die Bedarfsplanung.
Für Hausärzte sehe die engräumige Bedarfsplanung einheitlich 1.609 Einwohner pro Arzt vor.
Zur Zeit seien die Hausarztstellen im Kreis Offenbach besetzt. Aber man dürfe nicht außer Acht lassen, dass viele Ärzte schon 60 Jahre und älter seien. Sie könnten und werden in den nächsten Jahren aufhören.
Für Fachärzte werde der Bedarf etwas großräumiger ermittelt, bundesweit in 26 Planungsbereichen.
Die Pläne können schriftlich und im Internet nachgesehen werden.
zB https://www.kvhessen.de/praxis-management/bedarfsplanung
Die Bedarfspläne werden alle 5 – 10 Jahre angepasst.
Bei den Fachärzten seien nicht alle Stellen besetzt. Vor allen in der Mitte des Kreises Offenbach (in Mühlheim, Heusenstamm, Rodgau, Dietzenbach) seien Nachfrage und Bedarf besonders groß.
Dastych sprach insbesondere folgende Probleme an:
— Kinder- und Jugendtherapeuten sind zwar vorhanden, werden aber vor allem durch Bestreben der Krankenkassen nicht zugelassen.
— Atypische Hausärzte (Hausärzte mit Zusatzfachgebieten) nehmen Hausarztsitze weg.
— Wir haben zu wenig Hausärzte und niedergelassene Fachärzte. Die meisten sind schon fortgeschrittenen Alters und arbeiten zu viel. 32% der Fachärzte könnten altersbedingt ihre Tätigkeit sofort beenden.
Junge Ärzte stehen zu wenig zur Verfügung. Oft haben sie andere Lebensmodelle. Der Trend gehe zu angestellten Beschäftigungen und immer mehr zu Teilzeitarbeit.
Die Gesellschaft müsse sich fragen, ob sie weiterhin ein so teures Studium finanzieren könne, wenn nicht sichergestellt sei, dass die Bewerber wenigstens zu einem großen Teil ihres Berufslebens Vollzeit tätig werden.
Was kann die KV machen? Die KV wirbt an Universitäten und unterstützt junge Ärzte.
Neue oder freie Arztsitze werden bevorzugt an Bewerber vergeben, die sich verpflichten dafür zu sorgen, dass ganztägig ein Arzt zur Verfügung steht.
Wenn man junge Ärzte mit Kindern gewinnen will, muss man auch für zuverlässige Kinderbetreuung sorgen. Da sind Kommunen im Vorteil, die nicht nur vage Wartelisten, sondern konkrete und umgehende Hilfen bieten. Es müssen auch geeignete Räume verfügbar sein, für einzelne Ärzte oder Arztgemeinschaften oder MVZ = Medizinische Versorgungszentren.
Dass Ärzte so überlaufen sind, hänge auch damit zusammen, dass in Deutschland jeder jederzeit zu jedem Arzt gehen könne. Ein Primärarztsystem, eine Koordination der Arztbesuche über einen Hausarzt habe viele Vorteile.
Zum Schluss meinte Dastych, dass sich die derzeitige Bedarfsplanung wenig am tatsächlichen Bedarf orientiere. Wir bräuchten mehr Einfluss auf Landesebene. Die KV Hessen sei nur ein Rädchen im Riesengefüge des Gesundheitswesens. Der größte Teil der Ausgaben der Krankenkassen werde mittlerweile für (in Deutschland überteuerte) Medikamente und für Kliniken und Krankenhäuser aufgewendet.
Auch um dem entgegenzuwirken, wolle die KV mehr ambulante Versorgung.
Franz Roski
Frank Dastych stellte die Situation anschaulich dar.
Von links: Christa Angstmann, Frank Dastych (Vorsitzender KV Hessen), Annedore Beugel (AG60+ Hessen-Nord), Monika Lehr-Horch (Vorsitzende AG60+ Kreis-OF), Bernd Blesenkemper (AG60+ Hessen-Süd), Franz Roski (2.Vorsitzender AG60+ Kreis-OF)
Fotos von Monika Lehr-Horch
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